Filmforum Archiv
Was würden wir tun, bekämen wir die sprichwörtliche zweite Chance? Würden wir uns anders entscheiden? Es anders machen? Uns nicht verlieben in den Mann, der uns und die gemeinsame Tochter nach 25 Jahren für eine Jüngere sitzen lässt? Fragen, die sich Camille stellen, als sie nach einer durchzechten Silvesternacht Mitte der 1980er Jahre als junge Frau wieder erwacht und nicht weiß, wann und ob sie wieder in der Gegenwart ankommen wird.
Der Film wurde in Frankreich vom Publikum und von der Kritik euphorisch gefeiert und wurde gleich 13-fach für den César 2013 nominiert – soviel wie kein anderer Film. Neben der urkomischen Noémie Lvovsky, die in diesem Film zum ersten Mal vor und hinter der Kamera steht, glänzen in dieser gutgelaunten und charmanten Zeitreise-Komödie in prominent besetzten Nebenrollen neben dem unvergleichlichen Jean Pierre Léaud auch Mathieu Amalric, Denis Podalydès und Yolande Moreau.
„Urkomisch und gleichzeitig auf feinfühlige Art bewegend“ Les Inrockuptibles
Cannes 2012: SACD-Preis
Locarno 2012: Variety Piazza Grande Award
Prix Lumière 2013: Beste Nachwuchsdarstellerin: Judith Chemla
Ein kubanischer Sommer
CU, CO, DE, NO 2017 | 97 min | OmU | R: Jhonny Hendrix...
Die 75-jährige Candelaria und ihr 76-jähriger Ehemann Victor Hugo kennen das karge kubanische Leben. Noch immer müssen beide arbeiten: er in einer Zigarrenfabrik, sie als Waschfrau im Hotel. Im herben Alltag ist den beiden die Liebe längst abhanden gekommen. Doch dann fällt Candelaria bei der Arbeit im Touristenhotel zufällig eine Videokamera in die Hände. Begeistert von dem Fund macht sie zuhause spontan erste Aufnahmen.
Der Gatte reagiert gewohnt griesgrämig. Sie solle die Kamera gefälligst wieder zurückbringen, fordert er. Von einem, der seinerseits Zigarren am Arbeitsplatz stiehlt, will sich die frischgebackene Hobbyfilmerin freilich keine Moralpredigt anhören. Die Probleme lösen sich wie von selbst, als auch Victor die Vorzüge der Videokamera kennenlernt. Durch die Linse entdeckt er seine Frau mit ganz anderen Augen – und bald entwickelt sich eine neue Leidenschaft zwischen den beiden. (leokino)
„Dieser Film ist witzig, er ist poetisch, spricht Themen an, die uns alle betreffen, und erzählt gleichzeitig eine durch und durch kubanische Geschichte – die darüber hinaus äußerst originell ist. Mehr von solchen Filmen, bitte!“ (kino-zeit.de)
Filmvestival Venedig 2017: Bester Film Wettbewerb Giornate degli Autori
Sie sind angekommen und doch noch immer auf der Flucht. Sie sind Sänger, Musiker, Rapper und doch Ausgeschlossene und Abgeschobene. Mit ihrer Musik bringen sie Tausende von Menschen zusammen und sind doch selbst nicht berechtigt, den nächstliegenden Bezirk zu betreten. Nuri (Dagestan), Jaques (Elfenbeinküste), Hosain (Afghanistan) und Revelino (Elfenbeinküste) haben ihr Land verlassen auf der Suche nach einer neuen Heimat, die vielleicht Deutschland ist. Interniert in Flüchtlingslagern und zum Stillstand verurteilt, leben sie einen schockierenden Flüchtlingsalltag. Doch da ist Heinz Ratz. Er hat 80 Asylbewerberheime in Deutschland besucht und dort Musiker von Weltklasseformat gefunden. Seine Combo »Strom & Wasser« wurde kurzerhand durch ein »feat. The Refugees« erweitert und begeisterte auf einer großen Deutschland-Tournee ein riesiges Publikum.
Die Regisseurin Julia Oelkers begleitet Heinz Ratz und die Refugees bei dem Versuch, sich von ihren verordneten Plätzen zu lösen – durch die so simple wie machtvolle Geste, die eigene Stimme zu erheben. Zwischen Lampenfieber und Erleichterung, zwischen leeren Sälen und donnerndem Applaus erzählt sie ein wahrhaftig politisches Drama und ein beunruhigendes Drama der Politik.
"Der Film führt unsentimental, aber mitunter sehr berührend vor, welche persönlichen Dramen sich alltäglich unbeachtet von der Öffentlichkeit abspielen. Und er gibt Flüchtlingen eine kraftvolle Stimme. (dradio kultur)
Gewinner des DGB-Filmpreises beim Filmfest Emden 2013
Capernaumist eine Beschreibung biblischen Ursprungs für einen Ort voller Chaos und Unordnung. Einen solchen zeigt die libanesische Regisseurin Nadine Labaki (Caramel) in ihrer hochemotionalen Fabel. In visuell eindrucksvollen Kinobildern erzählt Capernaum – Stadt der Hoffnungvon den abenteuerlichen Lebensumständen jener, die von einem besseren Leben träumen, aber in unserer Welt keine Chance haben. Mitreißend inszeniert legt Nadine Labaki die Mechanismen unglaublicher sozialer Ungerechtigkeit offen und gibt denen eine Stimme, die im Schatten leben. (film.at)
Her ist eine Liebesgeschichte, aber auch eine profunde metaphysische Betrachtung darüber, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Und auch eine über die Art, wie wir leben oder vielleicht bald leben werden. Oh, und der beste Film des Jahres, oder zumindest der, der einem in Erinnerung bleiben wird, bis seine Geschichte wahr wird.
„Prepare to be blown away“ (Vulture)
„In ihrem Film Capernaum um Beiruter Straßenkinder entfaltet die Filmemacherin Nadine Labaki die ganze Kraft des Kinos.“ (Die Zeit)
Filmfestival Cannes 2018: Preis der Jury; nominiert für den Oscar 2019 in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film
Ben Cash und seine Frau Leslie haben sich in den Wäldern des pazifischen Nordwestens ihr persönliches Paradies aufgebaut. Mit ihren sechs Kindern leben sie dort und kommen dabei ohne den Rest der Welt aus. Ben und Leslie unterrichten ihren Nachwuchs selbst und bringen den Kindern alles bei, um in der Natur überleben zu können – inklusive Klettern und Jagen. Eines Tages wird Leslie aufgrund schwerer Depressionen in eine Klinik eingeliefert und begeht Monate später fernab von Mann und Kindern Suizid. Leslies Eltern planen daraufhin die Beerdigung und gedenken, sie christlich zu begraben. Dies kommt aber für Ben nicht in Frage, da der Wunsch Leslies ein anderer war: Ihre Leiche soll kremiert und die Asche danach in einer öffentlichen Toilette hinuntergespült werden. Um ihr diesen Wunsch zu erfüllen, setzen sich Ben und seine sechs Sprösslinge in den Familienbus, um die Beerdigung zu verhindern. Ein Roadtrip, der für die Kinder zum Kulturschock wird. (outnow.ch)
„Viggo Mortensen bekommt die Rolle, für die er wahrscheinlich geboren wurde: nicht als Superheld, aber als Super-Papa, der seine Kinder fest entschlossen nach eigenen Ideen erzieht.“ (variety)
Cannes 2016, Un Certain Regard: Regiepreis,
Karlsbader Film Festival 2016: Publikumspreis
Seattle Film Festival 2016: Bester Film
Wie schon in seinen preisgekrönten Arbeiten Serbis oder Kinatay taucht der philippinische Ausnahmeregisseur Brillante Mendoza auch hier in verstörende, ambivalente Innenwelten eines abgeschlossenen Universums ein. Der Zuschauer fühlt sich selbst als Gefangener, spürt die existenzielle Bedrohung durch Mensch und Natur und fragt wie die Protagonisten nach realen wie spirituellen Auswegen aus der Geiselhaft, die stellvertretend für alle Arten von "Gefangensein" steht.
Als zweiter Mann der Schweizer Botschaft in Budapest rettet der Appenzeller Diplomat Carl Lutz während des 2. Weltkriegs zehntausende von verfolgten Juden vor dem sicheren Tod. Seine humanitäre Aktion gilt als größte zivile Rettungsaktion für Juden während des Holocausts. Lutz verhandelt dafür direkt und bauernschlau mit Adolf Eichmann, dem Logistiker des Holocaust. Während seiner Rettungs-aktion verliebt sich der verheiratete Vize-Konsul in eine seiner Schutzbefohlenen. Nach Kriegsende lässt er sich scheiden, heiratet in Budapest seine Geliebte und zieht mit seiner zweiten Frau und deren Tochter nach Bern. Statt des Danks der Heimat erwartet ihn dort eine Rüge wegen Kompetenzüberschreitung und Spesenrittertums. Lutz wird bis ans Ende seiner Tage verbittert und vergeblich für seine „Rehabilitierung“ kämpfen.
Im Anschluss an den Film wird Journalistin Jutta Berger mit Agnes Hirschi, der „ungarischen“ Stieftochter von Carl Lutz, ein Gespräch führen.
Am 8.11.2019 wird um 18:30 Uhr die Ausstellung „Carl Lutz und das legendäre Glashaus” in der Herz-Jesu-Kirche Bregenz eröffnet. Ausstellungsdauer bis 29.11.2019, täglich außer Sonntag von 8-19 Uhr.
In Kooperation mit dem Verein zur Förderung des Jüdischen Museums Hohenems, der Gedenkgruppe Bregenz, der Pfarre Herz-Jesu und weiteren Partnern.
Es ist eines der ärmeren Viertel der andalusischen Hauptstadt, in dem oft eingebrochen wird. Auch bei Carmina. Doch die Versicherung will für den Schaden nicht aufkommen. Deshalb nimmt Carmina das Thema Entschädigung selbst in die Hand. Sie plant einen großen Versicherungsbetrug, um ihre Familie aus der ständigen Geldknappheit zu befreien. Bei einem fingierten Einbruch sollen gut versicherte Serrano-Schinken gestohlen und unter der Hand weiterverkauft werden.
Paco León, ein erfolgreicher Schauspieler spanischer Fernsehserien, hat für sein Regiedebüt die äußere Form des Dokumentarfilms gewählt: Carmina o Revientaist eine Art fiktiver Dokumentarfilm über eine redselige, emotional schlaue, manchmal vulgär-derbe Frau. »Fiktiv« ist diese Dokumentation, die so hundertprozentig in eine soziale Realität eingebettet erscheint, weil Carmina Barrios die Mutter des Regisseurs ist, und auch seine Schwester Maria León ist mit von der Partie. (…) Eine rasante Achterbahnfahrt zwischen Realismus, brachialer Komik und tiefer Lebensphilosophie. (filmdienst.de)
Zwei Elfjährige prügeln sich auf einem Spielplatz, einem der beiden Jungen werden dabei Zähne ausgeschlagen. Die Eltern des "Opfers", Penelope und Michael (Jodie Foster, John C. Reilly), haben die Eltern des "Übeltäters", Nancy und Alan (Kate Winslet, Christoph Waltz), eingeladen, um den Vorfall wie vernünftige Menschen zu klären.
Was als friedlicher Austausch über Zivilisation, Gewalt und die Grenzen der Verantwortlichkeit beginnt, entwickelt sich schon bald zu einem Streit voller Widersprüche und grotesker Vorurteile. Und schließlich platzt die dünne Haut der bürgerlichen Kultiviertheit auf: Vier Erwachsene geraten aus der Fassung.
Brutal und rücksichtslos werden Grenzen überschritten, es wird provoziert und schließlich deutlich, dass sie alle hinter ihrer zivilisierten Maske einen Gott des Gemetzels anbeten. Auf dem Schlachtfeld dieser Tragikomödie versinkt am Ende nicht nur ein Handy in der Tulpenvase...
Der Film basiert auf dem erfolgreichen Broadway-Stück God of Carnage, welches bis heute über 400 Mal aufgeführt wurde und u.a. drei der begehrten Tony Awards einheimsen konnte.
Im New York der 1950er-Jahre führt Carol eine unerfüllte Ehe mit ihrem wohlhabenden Mann Harge. Sie lernt die junge Therese kennen, die in einem Kaufhaus arbeitet und von einem besseren Leben träumt. Auf einer gemeinsamen Reise entwickelt sich eine ganz besondere Bindung zwischen ihnen – und schließlich die große Liebe. Harge will das neue Glück seiner Frau jedoch nicht akzeptieren. Er beauftragt einen Privatdetektiv damit, dem frisch verliebten Paar zu folgen und entscheidende Beweise für das laufende Scheidungsverfahren zu sammeln. Carol muss schon bald um das Sorgerecht ihrer geliebten Tochter kämpfen. Ihr Mann versucht es ihr mit allen Mitteln zu nehmen.
Todd Haynes‘ brillantes Melodram entstand nach dem gleichnamigen Roman von Patricia Highsmith, der 1952 unter dem Titel Salz und sein Preiserstmals erschien.
„Natürlich ist die Rolle der eleganten Carol eine Paraderolle für Cate Blanchett. Wie sie ihre Haare zurückstreicht, Handschuhe aufnimmt, eine Zigarette anzündet, „I love you“ haucht – wie Therese kann man auch als Zuschauer von dieser Carol kaum genug bekommen.“ (Die Zeit)
Beste Schauspielerin und Queer Palm in Cannes 2015
Beziehungsweise New York
FR 2013 | 117 min | OmU | R u. B: Cédric Klapisch
Xaviers Leben ändert sich schlagartig, als seine Frau mit den Kindern nach New York zieht. Er entschließt sich dazu, seinen Wohnsitz aufzugeben und auch in die Metropole umzusiedeln. Um die Aufenthaltspapiere zu bekommen, heiratet er eine Amerikanerin mit chinesischer Herkunft. Richtig turbulent wird es, als Xavier seinen Samen für das Kind eines lesbischen Pärchens spendet. Und dann trifft er eines Tages seine erste große Liebe wieder.
Mit Beziehungsweise New Yorksetzt Cédric Klapisch seine leichtfüßige Komödienreihe fort, die 2002 mit Barcelona für ein Jahrbegann und mit Wiedersehen in St. Petersburg2005 ihre Fortsetzung fand.
„Mit seinem großartigen Ensemble und dem stets perfekt ins Bild gerückten Schauplatz empfiehlt sich Beziehungsweise New Yorkals ideales Date-Movie für alle, die etwas mehr vom Kino erwarten.“ (Stuttgarter Nachrichten)
Ein improvisierter Fernsehfilm, der vom Casting für ein Fernsehfilm-Remake von Rainer Werner Fassbinders Melodram Die bitteren Tränen der Petra von Kanthandelt. Darin der erfolgreiche Schauspieler Andreas Lust als der erfolglose Schauspieler Gerwin, der sich als Anspielpartner für eine Reihe hochkarätiger deutschsprachiger Miminnen verdingt. Das Ergebnis ist eine mehrbödige Tragikomödie, die nicht nur von den Nöten arbeitsuchender KünstlerInnen erzählt, sondern auch den kreativen Prozess der Rollenerarbeitung dokumentiert. Wobei sich die beim Vorgang der Besetzung wirksamen Gefühls-Gemengelagen in der zu erarbeitenden Fassbinder-Vorlage spiegeln. (film.at)
„(...) ist ein Ensemblefilm im besten Sinn – alle Darstellerinnen und Darsteller sind grandios, keinen möchte man sich wegdenken, gemeinsam haben sie den Film ohne detailliertes Drehbuch improvisiert, nach vager Weisung des Regisseurs in die gewünschte Richtung. Man bekommt hier einen Begriff vom eigentlichen Reichtum des deutschen Theaters, denn in der Rolle der nach Arbeit suchenden Schauspielerin sind Meisterinnen zu sehen.“ (Die Zeit)
Drei Nominierungen für den deutschen Filmpreis