Filmforum Archiv
Meine schöne innere Sonne
FR 2017 | 95 min | OmU | R: Claire Denis
Vor kurzem geschieden, sucht Isabelle nach einem Mann, der sie in den Arm nimmt, nach einer Liebe, die sich nicht nur auf Sexualität reduziert, nach einem emotionalen Zuhause. Doch das ist gar nicht so einfach. Wenn es mit dem adretten Banker nichts wird, dann vielleicht mit dem attraktiven jüngeren Schauspieler? Mit ihrem eigenen Ex-Mann passt es im Bett jedenfalls nicht mehr und auch ihr Künstlerkollege reicht nur für eine Kurzgeschichte. Doch die Männer wissen selbst nicht, was sie wollen und schon gar nicht, was Isabelle will. Doch sie gibt nicht auf – es kann doch nicht so schwer sein, die Liebe zu finden statt einem coolen Lover nach dem anderen…
Mit Un beau soleil intérieur hat sich Claire Denis an ihre erste romantische Komödie gewagt, die sowohl vom französischen Kinopublikum als auch von der Kritik mit Begeisterung aufgenommen wurde. Juliette Binoche spielt kongenial eine starke und zugleich verletzliche Frau in ihren besten Jahren, die ihr Glück sucht. Unterstützt wird sie dabei von einem starken männlichen Ensemble, allen voran Gérard Depardieu in einem kurzen, aber unvergesslichen Auftritt.
„Nie war Juliette Binoche schöner und verführerischer als unter dem Blick von Denis‘ Kamerafrau Agnes Godard.“ (Abendzeitung München)
Filmfestival Cannes 2017, Quinzaine des Réalisateurs: Bester Film (Preis SACD)
Wenn es heißt: "Da fliegt die Kuh!", dann ist das in diesem Fall wörtlich zu nehmen, denn alles beginnt mit einer fliegenden Kuh. Auf irrwitzigen Umwegen führt sie zwei völlig verschiedene Menschen vom jeweils anderen Ende der Welt zueinander. Roberto (Ricardo Darin) führt ein Eisenwarengeschäft in Buenos Aires und ist ähnlich verbohrt wie die Schrauben, die er verkauft. Ein notorischer Einzelgänger, der nichts und vor allem niemanden zu nahe an sich heran lässt. Er sammelt kuriose Geschichten, die er aus Zeitungen ausschneidet. Eines Tages wird er, ohne es zu merken, selbst Teil einer solchen Geschichte, als plötzlich der junge Chinese Jun (Ignacio Huang) in sein langweiliges Leben platzt und es komplett umkrempelt. Denn Jun spricht kein Wort Spanisch, ist gleich nach seiner Ankunft in Argentinien ausgeraubt worden und somit unbedingt auf die Hilfe anderer angewiesen.
Die Psychologin Selma hat einen wahnwitzigen Plan: Sie will in ihr Heimatland Tunesien zurückkehren, um dort eine Praxis für Psychotherapie zu eröffnen. Das Vorhaben der selbstbewussten Französin stößt erst einmal auf Skepsis und Widerstand – aber auch auf sehr großes Interesse. Denn der Redebedarf der tunesischen Bevölkerung ist in den Jahren nach der Revolution enorm. Weil die bürokratischen Mühlen langsam mahlen, empfängt Selma ihre gesprächigen Kunden auf dem Dach eines Wohnhauses in Tunis. Die Kuriositäten und bunten Charaktere der alten Heimat begegnen ihr jedoch längst nicht nur in den therapeutischen Sitzungen. Und so trifft sie unter anderem auf eine hochemotionale Beautysalon-Besitzerin mit Mutterkomplexen, einen depressiven Imam, einen Mann mit politisch-erotischen Träumen, einen übermoralischen Polizisten und auf ihre feministische Nichte, der ihr Kopftuch nach einem missglückten Friseur-Besuch gerade recht kommt.
Das Spielfilmdebüt der französischen Regisseurin Manele Labidi Labbé, ist eine Hommage an die Heimat ihrer Eltern. Mit einer ganz eigenen Handschrift erzählt Labidi Labbé in ihrer Komödie die Geschichte einer selbstbewussten Frau in einem Land zwischen Stillstand und Aufbruch. In Auf der Couch in Tunis fängt die Regisseurin den märchenhaften Zauber der arabischen Kultur ein und setzt sich gleichzeitig auf eine humorvolle wie ernsthafte Art und Weise mit ihr auseinander. (filmladen)
Ein freudiges Ereignis
FR, BE 2011 | 107 min | OmU | Regie: Rémi Bezançon
Ein Wunschkind zu bekommen, ist immer noch das schönste Ereignis für glücklich verliebte Paare – oder etwa doch nicht? Für die junge, attraktive Philosophie-Studentin Barbara und ihren Freund Nicolas ist das Leben unbeschwert und voller Glück, bis sie eines Tages beschließen, Eltern zu werden – denn von da an ist nichts mehr, wie es vorher war...
Ehrlich, sensibel und humorvoll porträtiert Ein freudiges Ereignis das Elternwerden und Elternsein in der modernen Welt. Regisseur Rémi Bezançon (C'est La Vie – So sind wir, so ist das Leben) inszeniert eine Komödie voller lustiger und berührender Momente, ohne dabei die Ernsthaftigkeit des Themas aus den Augen zu verlieren.
Ein freudiges Ereignisist eine sehr persönliche Verfilmung der gleichnamigen Romanvorlage von Éliette Abéccassis mit einer wunderbaren und kraftvollen Louise Bourgoin (Das verflixte 3. Jahr), eine der aktuell gefragtesten jungen Schauspielerinnen Frankreichs.
Mein ziemlich kleiner Freund
FR 2016 | 98 min | OmU | R: Laurent Tirard
Vollkommen unerwartet bekommt die Anwältin und Single-Lady Diane eines Abends einen Anruf von einem unbekannten Mann. Alexandre entpuppt sich als charmanter Architekt, der von Dianes eigenem Handy aus anruft, das sie im Restaurant liegen gelassen hat. Nach kurzem Hin und Her willigt Diane einem Treffen für die Übergabe ein. Als sich die Beiden treffen, muss Diane feststellen, dass Alexandre unterdurchschnittlich groß ist – knappe 1,40 m, um genau zu sein. Dank der unbeschwerten Art des kleinen Mannes und einigen sehr verrückten Dates, wird aus einem anfänglichen Schock schnell Sympathie. Und ehe sie sich versieht, ist Diane schwer verliebt. Dumm nur, dass die Turteltäubchen nicht ganz allein für sich sein können, insbesondere Dianes Umfeld hegt laute Zweifel an ihrer Liebe. Ob ihre gegenseitige Zuneigung allen Widrigkeiten trotzen wird? (film.at)
Der Vater meiner besten Freundin
FR 2015 | 106 min | OmU | R: Jean-François Richet
Ferien in Korsika: Louna und Marie wollen sich amüsieren. Leider wachen ihre Väter mit Argusaugen über ihr nächtliches Treiben. Dass die minderjährige Louna sich ausgerechnet in den coolen Vater ihrer besten Freundin verliebt und ihn verführt, stand nicht auf dem Programm. Was für den 45-jährigen ein einmaliger Fehler war, hält das Mädchen irrtümlich für den Beginn einer Beziehung. Als ihr Papa den “Perversen” sucht und ausgerechnet seinen Freund dafür einspannt, wird es brenzlig.
Jean-François Richet zeigt nach Werken wie Public Enemy Nr. 1 oder Brennender Asphalt eine ganz neue Facette seines Schaffens in dieser Sommerdramödie, die auf Claude Berris gleichnamigem Film aus dem Jahr 1977 basiert. Er fokussiert sich weniger auf die beiden von ihren Ehen gebeutelten Väter als auf die Heranwachsende (charmant: Lola Le Lann in ihrer ersten Kinorolle), bei der sich Berechnung und Unschuld die Waage halten, und lässt das Ende offen.
Eine größere Welt – das ist es, was Corine entdeckt, als sie in der Mongolei während eines schamanischen Rituals in Trance fällt. Dabei war die Französin nur in die abgelegene Steppenregion gekommen, um im Rahmen ihrer Arbeit ethnographische Tonaufnahmen zu sammeln. Trotz des Widerstands ihrer Familie begibt sie sich auf eine spirituelle Reise auf alten und vergessenen Wegen. Eine Reise, die ihr Leben und ihre europäische Sichtweise für immer verändern wird. (polyfilm)
Fabienne Berthaud (Barfuß auf Nacktschnecken) verfilmte mit Cécile de France die wahre Geschichte von Corine Sombrun, die diese im Buch Mein Leben mit den Schamanen verarbeitet hat. Nach ihrer Ausbildung in der Mongolei arbeitet Sombrun heute mit Neurologen und Gehirnforschern zusammen, um die mentalen Mechanismen hinter den Trancezuständen zu verstehen und z.B. für therapeutische Zwecke zu nutzen.
„Cécile de France ist in der Hauptrolle eine Wucht. Und dann ist da noch die atemberaubende Landschaft: weit, karg, schön und unberührt.“ (programmkino.de)
„Eine größere Welt raubt einem den Atem. Mit ungewöhnlich schönen Bildern und durch die faszinierende, aufrichtige Tiefe begeistert dieser Film. Eine filmische Horizonterweiterung“ (Kino-News)
Paris, 1941. Weil es in der besetzten Hauptstadt zu gefährlich geworden ist, plant die jüdische Familie Joffo die Flucht nach Südfrankreich, das noch nicht in deutscher Hand ist. Eine gemeinsame Reise wäre zu auffällig, daher schicken die Eltern den zehnjährigen Joseph und seinen älteren Bruder Maurice allein auf den Weg. Ein gefährliches Abenteuer erwartet die Jungen, denn niemand darf erfahren, dass sie Juden sind. Doch dank ihres Mutes und Einfallsreichtums schaffen sie es immer wieder, den Besatzern zu entkommen. Wird es ihnen gelingen, ihre Familie in Freiheit wiederzusehen?
„Die Romanverfilmung über eine Kindheit im Zweiten Weltkrieg ist ein einfühlsam-humanistisches Historien- und Familiendrama alter Schule, sehenswert auch für junge ZuschauerInnen ab etwa zehn Jahren." filmstarts.de
Sie waren das Vorzeigepaar des argentinischen Tangos und lebten über 50 Jahre eine leidenschaftliche Hassliebe. María Nieves und Juan Carlos Copes waren 14 und 17 Jahre alt, als sie sich erstmals begegneten und den damals außerhalb Argentiniens unbekannten Tanzstil des Tango Argentino von schummrigen Clubs in Buenos Aires auf die großen Theaterbühnen der Welt brachten. Kein anderer Mann tanzte wie Juan, keine andere Frau wie María.
Un tango masportraitiert das Talent und das Temperament der Ausnahmekünstler, die den Tango revolutionierten und die Kunst über ihre Beziehung stellten, bis diese zerbrach. Heute, mit 80 und 83 Jahren, treffen sie sich nach jahrelangem Schweigen für diesen Film erneut: Für einen letzten Tango...
Was macht ein leidenschaftlicher Schauspieler, der mangels guter Rollenangebote kaum über die Runden kommt? Etienne übernimmt die Leitung der Theatertruppe eines Gefängnisses, um ihr neuen Schwung zu verleihen. Schlimmer als die Arbeitslosigkeit kann es ja nicht werden. Und welches Stück liegt da näher als Warten auf Godot – denn wenn die Häftlinge eines gelernt haben, dann das. Etienne ist erstaunt, welches schauspielerische Talent in seinen Schützlingen schlummert. Wenn alles funktioniert, winkt sogar eine Tournee außerhalb der Gefängnismauern... (Panda Filmverleih)
Europäischer Filmpreis 2020: Beste Komödie.
Festival du film francophone d'Angoulême: Publikumspreis
Marina und Orlando lieben sich und planen eine gemeinsame Zukunft. Sie arbeitet als Kellnerin und singt leidenschaftlich gern, der 20 Jahre ältere Geliebte hat ihretwegen seine Familie verlassen. Doch als die beiden nach Marinas ausgelassener Geburtstagsfeier in einem Restaurant nach Hause kommen, wird Orlando plötzlich leichenblass, reagiert nicht mehr. Im Krankenhaus können die Ärzte nur noch seinen Tod feststellen. Die Ereignisse überschlagen sich: Marina sieht sich mit den unangenehmen Fragen einer Kommissarin konfrontiert, und Orlandos Familie begegnet ihr mit Wut und Misstrauen. Seine Noch-Ehefrau schließt sie von der Beerdigung aus; die gemeinsame Wohnung, die auf dem Papier Orlando gehört, soll sie möglichst rasch verlassen. Marina ist eine Transgender-Frau, und die Familie des Verstorbenen fühlt sich durch ihre sexuelle Identität bedroht. Mit der gleichen Energie, mit der sie früher dafür gekämpft hat, als Frau zu leben, pocht Marina nun erhobenen Hauptes auf ihr Recht auf Trauer. Und wenn schon nicht ihre Umgebung, so ist doch der Film ganz auf ihrer Seite und zeigt die zunehmend ins Abseits gedrängte Protagonistin als starke, lebenskluge – fantastische – Frau.
Sebastián Lelio gilt als einer der führenden Filmregisseure des
lateinamerikanischen Kinos.
Berlinale 2017: Silberner Bär für das Beste Drehbuch, Teddy Award
Festival Cabourg 2017: Großer Preis, Preis der Jugendjury
Havanna heute. Lila und Zwillingsbruder Elio träumen von einem anderen Leben. Zwar ist da die karibische Stadt, die sie packt und fasziniert, gleichzeitig wissen sie, dass es andere Möglichkeiten gibt und dass ihr Leben oft genug am Rand steht. Raúl wird mit ihnen das Weite suchen. Ein Film voller Energie über eine Insel, auf der man bleiben möchte und von der man doch abhaut.
Athens Filmfestival (Best Screenplay)
Berlinale (2nd Best Feature)
Brasilia (Special Jury Award