Filmforum Archiv
Es sind die kleinen Dinge
FR2023 | 89 min | OmU | R: Mélanie Auffret
Mit ihren Verpflichtungen als Lehrerin und Bürgermeisterin einer 400-Seelen-Gemeinde im Herzen der Bretagne ist Alice voll ausgelastet. Als ausgerechnet der eigenwillige Émile beschließt, mit 65 Jahren noch lesen und schreiben zu lernen, und sich in Alices Klasse setzt, ist sie mehr als gefordert. Doch es kommt noch schlimmer: Mit einem Mal steht ihre Schule vor der Schließung und Alice sieht das gesamte Dorfleben bedroht. Jetzt ist guter Rat teuer. Doch schnell wird klar, was sich alles bewegen lässt, wenn Alice und die Dorfbewohner gemeinsam an einem Strang ziehen – und ein paar überaus pfiffige Einfälle haben …
Herausragend besetzt mit dem legendären Michel Blanc und der einnehmenden Julia Piaton erzählt der Film einfühlsam und mit liebevollem Blick von einem kleinen Dorf in der Bretagne, das sich mit viel Elan zur Wehr setzt, um nicht von der Bürokratie überrollt zu werden. Es sind tatsächlich die kleinen Dinge, die das beherzte Plädoyer für Gemeinschaft und Solidarität so hinreißend machen – ein filmisches Kleinod, das Funken sprüht! (lunafilm)
„Zärtlich und bewegend“ (Elle)
Sex, Drugs und Rock’n’Roll: Das Leben an der Angel ist eine Komödie über das Abenteuer eines Mannes, der sich vom Leben mehr wünscht, als nur zu Angeln. Der Film erzählt die Geschichte des Witwers Émile, der sich nach dem Tod seines besten Freundes Edmond von seinem bisherigen Leben verabschiedet und zu einer Reise aufbricht. Entlang der Ufer der Loire begegnet er nicht nur seiner Vergangenheit, sondern entdeckt sein Leben neu: die Lust auf Begegnungen, auf Berührungen und auch auf die Liebe.
Regisseur Pascal Rabaté hat mit Das Leben an der Angel seinen eigenen Comicroman (in Frankreich ausgezeichnet mit dem „Prix de la critique") verfilmt. Herausgekommen ist dabei eine wunderbar einfühlsame und berührende Komödie über einen Mann, der sein Leben neu erfindet als er merkt, dass die Gegenwart für ihn nicht mehr existiert.
Die Köchin und der Präsident
FR 2012 | 95 min | OmU | Regie: Christian Vincent
Die Köchin Hortense Laboire aus der französischen Provinz staunt nicht schlecht: Der Elysée-Palast fragt an, ob sie als Leibköchin des französischen Präsidenten für dessen persönliche Speisekarte zuständig sein möchte. Eine Herausforderung, die Hortense nur zu gerne annimmt. Dank ihrer forschen und unkonventionellen Art schafft sie es schon bald, sich in der eingeschworenen Männerdomäne des Palastes zu behaupten. Ihre authentische und bodenständige Küche verzückt das französische Staatsoberhaupt und versetzt ihn zurück in längst vergessene Kindertage. Immer öfter schleicht sich der Präsident auch nachts in ihre Küche, um über erlesene Rotweine und feinste Trüffel zu sinnieren. Doch die Gunst des Präsidenten bringt Hortense manche Neider ein und ihr unorthodoxer Stil passt sich Etikette und Bürokratie nur schwer an. Bald muss sie sich entscheiden, ob sie weiter für den wichtigsten Mann im Staat kochen möchte.
In einer kleinen Stadt auf der Kola-Halbinsel im nordwestlichen Russland kämpft ein Mann als arktischer Hiob zwischen ausgebleichten Walgerippen gegen seinen von einer korrupten Verwaltung und Justiz beschlossenen Untergang.
Kolia lebt zusammen mit seiner zweiten Frau Lylia und Roma, seinem Sohn aus erster Ehe, an der Barentssee im Norden von Russland. Er besitzt dort ein schönes Fleckchen Erde, das in den Zwanzigerjahren sein Großvater erwarb und das seither in Familienbesitz ist. Doch jetzt hat der korrupte Bürgermeister ein Auge auf Kolias Land geworfen. Er möchte am liebsten das Haus und die Autowerkstatt abreißen und die Fläche für ein großes Projekt nutzen. Doch Kolia will nicht ...
Vor den eisgrauen Wellen der Barentssee entwirft Regisseur Zvyagintsev ein meisterlich verdichtetes Epos, das Politparabel, Melodram und schwarze Satire in einem ist. Behördenwillkür, Alkohol, Waffen, die neue Macht der Popen und smarte Advokaten aus Moskau mit eigener Agenda – sie unterfüttern die russische Gesellschaft auch hier noch, am Rande der Zivilisation.
Golden Globes 2015, Bester fremdsprachiger Film
Filmfestspiele Cannes 2014, Bestes Drehbuch
Wien 1777. Die früh erblindete 18jährige Maria Theresia „Resi“ von Paradis ist als Klavier-Wunderkind in der Wiener Gesellschaft bekannt. Nach zahllosen medizinischen Fehlbehandlungen wird sie von ihren ehrgeizigen Eltern dem wegen seiner neuartigen Methoden umstrittenen Arzt Franz Anton Mesmer anvertraut. Langsam beginnt Resi in dem offenen Haus der Mesmers, zwischen Rokoko und Aufklärung, im Kreise wundersamer Patienten und dem Stubenmädchen Agnes, das erste Mal in ihrem Leben Freiheit zu spüren. Als Resi in Folge der Behandlung erste Bilder wahrzunehmen beginnt, bemerkt sie mit Schrecken, dass ihre musikalische Virtuosität verloren geht.
Mit ihrem Spielfilm Lichterzählt Barbara Albert eine Parabel über die Macht der Musik zur Zeit Mozarts in Wien. Aufwändig inszeniert und mit großem Einfühlungsvermögen beschreibt das Historiendrama die Suche nach der eigenen Identität zwischen Lichtblicken und Schattenseiten, zwischen Schein und Sein, zwischen Sehen und Gesehen werden. Die schicksalhafte Geschichte basiert auf dem Spiegel-Bestseller „Am Anfang war die Nacht Musik“ von Alissa Walser, der KritikerInnen und LeserInnen gleichermaßen begeisterte.
„... ein authentisch und stimmungsvoll in Szene gesetztes Periodendrama, das mit wunderschönen Kulissen, Kostümen und Make-Up überzeugt.“ uncut.at
Mit der turbulent-ungewöhnlichen Romanze Licorice Pizza widmet Paul Thomas Anderson sich diesmal dem Erwachsen werden, der Liebe und dem Lebensgefühl der Siebziger. Im kalifornischen San Fernando Valley des Jahres 1973 entwickelt sich zwischen Mittzwanzigerin Alana Kane und Teenager Gary Valentine eine ungewöhnliche Freundschaft. Doch inmitten des alltäglichen Trubels aus Gelegenheitsjobs und Schauspielkarriere, Freunden und Politik, Vinyl und Super 8 entstehen mit der Zeit auch intensivere Gefühle...
Paul Thomas Anderson erzählt nicht nur von einer außergewöhnlichen Liebe und der so aufwühlenden wie verwirrenden Zeit des Erwachsenwerdens, sondern nimmt das Publikum auch mit auf eine stimmungsvolle Reise zurück in die Siebziger – und in ein Leben zwischen Schlaghosen und Ölpreiskrise, New Hollywood und Motown.
„Eine inspirierte Pop-Liebes-Comedy – derart ideenreich gefertigt, dass man sich ihrem komischen Reiz nicht entziehen kann.“ (Profil)
Der Film wurde mit 51 nationalen und internationalen Filmpreisen ausgezeichnet.
In Kooperation mit aha - Jugendinfo Vorarlberg und dem Jugendservice der Stadt Bregenz
Eine Handvoll ganz normaler Menschen in Wien, auf der Suche nach Liebe, Erlösung, Glück, vielleicht. Es gibt diese Vorstellung vom Erwachsensein, die man nur als Kind hat: Erwachsene denken logisch, haben einen Plan, navigieren die gefährlichen Tiefen und Untiefen des Lebens mithilfe vernünftiger Entscheidungen, und vor allem: Sie kennen sich aus. Welch ein Irrtum. Das weiß jeder, der über 20 Jahre alt ist.
Da ist also der verheiratete Familienvater, der sich nach seiner völlig überraschenden Kündigung in die maßlos aufregende Geliebte seines Freundes verschaut.
Da ist seine Frau, eine Ärztin, die sich fragt, warum es bei ihr nie klappt und schon einmal anfängt, die Sachen ihres zukünftigen Exmannes in Kisten zu packen.
Da ist ihr Patient, der 14-Jährige, der nach einer dummen Aktion in ein Auto gelaufen ist und seither im künstlichen Koma liegt.
Da ist der alte Witwer, der einmal eine Berühmtheit war und inzwischen einsam und zunehmend vergesslich in seiner Wohnung sitzt. Er kauft Stützstrümpfe, hätte aber lieber eine Pistole. Oder zumindest ein sehr scharfes Rasiermesser. (film.at)
Liebes:Lebenist ein sehr persönlicher Film über drei starke Frauen, die aus der häuslichen Gewaltspirale herausgetreten sind und deren Aufbruch in ein selbstbestimmtes Leben. Ein Film über das Geheimnis von Mut, Resilienz und letztlich befreienden Lebensmodellen.
Wenn Gewalt an Frauen gesamtgesellschaftlich abgebaut und verhindert werden soll, sind wir alle gefordert, einen Beitrag für ein geschlechtergerechtes, respektvolles und damit gewaltfreies Zusammenleben zu leisten.
Liebes:Lebenist letztlich ein Film, der Gewalterfahrungen thematisiert und in die Tiefe geht, dennoch ist auch Leichtigkeit und Offenheit im Umgang damit spürbar. Ein Film über Mut, Engagement und Visionen in einer Zeit in der das Rollenbild der emanzipierten Frau ein subversives Ideal ist, nach dem es sich zu streben lohnt.
Nach dem Film findet eine Diskussion mit der Filmemacherin Carola Mair, Ulrike Furtenbach von der IFS Gewaltschutzstelle und Mario Enzinger von der ifs Gewaltberatung statt. Moderation: Tanja Kopf
Zum Redaktionsschluss können nur 50 Personen an der Veranstaltung teilnehmen. Eine Reservierung ist daher erbeten. Reservierungen bitte direkt an das Metro-Kino unter 05574 71843 oder info@metrokinobregenz.at.
In Kooperation mit „Gleichstellung fördern” (Land Vorarlberg), ifs Vorarlberg
Die Sehnsucht nach familiärer Harmonie ist ein zentrales Motiv in den Werken des japanischen Regisseurs Hirokazu Kore-Eda: So sehnten sich die verlassenen Kinder in Nobody Knowsnach der permanent abwesenden Mutter und wünschte sich der 12-jährige Koichi in
I wishnichts mehr, als dass seine geschiedenen Eltern wieder zusammenkommen. In Like Father, Like Sonsollen nun zwei sechs-jährige Jungen nach der Offenbarung einer damaligen Verwechslung in der Entbindungsklinik gar ihren bisherigen Eltern entrissen werden und sich an ein anderes Elternpaar gewöhnen, obwohl sie doch eigentlich nur möchten, dass ihre bisherige Familienwelt bestehen bleibt. Doch bedingungslose elterliche Liebe für das sechs Jahre lang großgezogene Kind sowie der Wunsch, sich in seinem eigenen Sohn widerzuspiegeln, erscheinen nach dem Wissen um die Verwechslung für die Eltern nicht mehr vereinbar, und so muss eine ungeheure Lebensentscheidung für den einen und damit gegen den anderen Jungen getroffen werden. Was der mögliche Austausch der Kinder für die irritierten Jungen, insbesondere aber die beiden Elternpaare bedeutet, lotet Kore-Eda in seinem feinfühligen Familiendrama gekonnt aus.
„Wunderbar leicht kreist der Japaner Hirokazu Kore-Eda um die Fragen, was es heißt, Eltern zu sein und was Kind. Eine Geschichte, die sinnlich und besinnlich berührt.“ (trigon film)
Wien, 1902. Die Schauspielschülerin Lina heiratet den Architekten Adolf Loos und hofft auf ein freies Leben mit diesem modern eingestellten Mann. Doch Loos geht ganz in seiner Arbeit auf und engt Lina kritisch mit Vorschriften ein. Immer mehr an dieser Ehe und an sich selbst zweifelnd, geht sie eine Beziehung mit einem Gymnasiasten ein. Loos will sie zurückgewinnen, und Lina trifft eine folgenschwere Entscheidung.
Lindberg! Mach dein Dingist die verdiente cineastische Würdigung der deutschen Rock-Legende.
Seit über 40 Jahren ist Udo Lindenberg eine Ikone der deutschsprachigen Popkultur, die immer noch die größten Stadien füllt. Seine unverwechselbare Art, sein Aussehen und natürlich seine Musik sind Teil des kollektiven Bewusstseins, doch wie Udo Lindeberg dazu wurde, erzählt der Film von Hermine Huntgeburth.
Das Biopic Lindberg! Mach dein Ding beleuchtet die Vergangenheit des Musikers von seiner Kindheit im westfälischen Gronau bis zum ersten, alles entscheidenden Bühnenauftritt in Hamburg 1973; von seinen Anfängen als hochbegabter Jazz- Schlagzeuger und seinem abenteuerlichen Engagement in einer US-amerikanischen Militärbasis in der libyschen Wüste, über Rückschläge mit seiner ersten LP bis zu seinem Durchbruch mit Songs wie Mädchen aus Ost-Berlin oder Hoch im Norden und Andrea Doria: Lindberg! Mach dein Ding erzählt die Geschichte eines Jungen aus der westfälischen Provinz, der eigentlich nie eine Chance hatte, und sie doch ergriffen hat, um Deutschlands bekanntester Rockstar zu werden – ein Idol in Ost und West.
Bayrischer Filmpreis 2020, Best Young Actor für Jan Bülow
Lingui – Heilige Bande
TD 2021 | 87 min | OmU | R: Mahamat-Saleh Haroun
Am Rande der Stadt N’Djamena im Tschad lebt Amina allein mit ihrer 15-jährigen Tochter Maria. Als diese schwanger wird, bricht ihre ohnehin schon fragile Welt zusammen. Im Land wird die Abtreibung nicht nur von der Religion verurteilt, sie wird auch vom Gesetz geahndet. Vereint mit den Frauen des Quartiers kämpft Amina für die Selbstbestimmung ihrer Tochter. Ein starkes Plädoyer für die Kraft der weiblichen Solidarität.
„Durch die einfache lineare Erzählweise und die Fokussierung auf das Thema sowie das starke Spiel von Achouackh Abakar Souleymane und Rihane Khalil Alio entwickelt Lingui eine bewegende emotionale Kraft.“ (filmnetz, Walter Gasperi)
„Ein starkes Plädoyer für Solidarität unter Frauen, mit deren Hilfe sie die Fesseln einer restriktiven Gesellschaft sprengen.“ (arte)
Filmfestival Turin 2021, Interfedi Award