Filmforum Archiv
Man stelle sich die Frechheit vor: Nicht nur hat Violette, Lolos Mutter, im Urlaub in Südfrankreich einen Mann kennengelernt, der als Informatiker so gar nicht zu ihr passen will, nein, der neue Freund zieht auch wenig später schon in ihrer Pariser Wohnung ein. Und dann ist er auch noch aus der Provinz! Der neunzehnjährige Lolo kann das nicht akzeptieren. Klar, dass er Jean-René loswerden muss. Seine durchtriebenen Ideen, den ungebetenen Mitbewohner loszuwerden, scheinen zu funktionieren: Violette wird unsicher, ob ihre neue Beziehung wirklich eine gute Idee war. Doch Lolo hat nicht mit Jean-René gerechnet, der gibt nämlich bestimmt nicht so schnell auf. (moviepilot.de)
Die Mischung aus Situationskomik und selbstironischer Satire gelingt umso besser, als die Chemie zwischen dem Schauspiel-Trio spürbar stimmig ausfällt. Delpy agiert sichtlich entspannt zwischen Danny Boon als sympathischem Tollpatsch und Newcomer Vincent Lacoste als postpubertärem Psychopathen. (programmkino.de)
Jeder korrumpiert jeden, und alles kreist um den ewig gutgelaunten Cavaliere: Silvio Berlusconi, der geniale Traum-Verkäufer eines Paradieses, das er hemmungslos vorlebt. Als skrupelloser Immobilien-
verkäufer hat er es vom Schnulzensänger zum Multimilliardär, Medienzar, umjubelten Volkstribun und mächtigsten Mann des Landes gebracht. Jetzt will sich jeder seinen versprochenen Anteil schnappen, angetrieben von maßloser Gier nach Reichtum und Beifall, rauschafter Entgrenzung und ewiger Jugend: Sergio, der kleine Zuhälter aus der apulischen Provinz (…) ebenso wie die Politgreise Roms, die es nicht lassen können, sich hinter seinem Rücken zur Macht durchzustechen.
Doch der Cavaliere ist abgewählt, ausgebrannt, zahn- und ratlos. Seine Frau Veronica hat seine billigen Tricks längst durchschaut und will nur noch ihre Würde zurück. Als er jedoch von den Intrigen gegen ihn erfährt, erwacht sein genialer Verkäuferinstinkt zu neuem Leben.
„Die Polit-Satire über Silvio Berlusconi strotzt nur so vor Sex, Groteske und Extravaganz! Neben viel Bunga Bunga liefert Sorrentino aber auch ein sorgfältiges Porträt des ehemaligen Ministerpräsidenten Italiens. Und der italienischen Gesellschaft hält er dabei kritisch den Spiegel vor Augen.“ (outnow.ch)
Italian National Syndicate of Film Journalists 2018: Guglielmo Biraghi Award, Beste Darstellerin, Bestes Drehbuch, Bester männlicher Nebendarsteller und Beste weibliche Nebendarstellerin
Am Stadtrand von Buenos Aires nimmt eine Frau aus ärmlichen Verhältnissen einen Job als Hausmädchen bei einer reichen Familie an. Die neue Umgebung der teuren Häuser mit englischen Rasen ist deutlich eingerahmt von hohen Mauern, welche sich dort als Grenzlinien zwischen Reich und Arm durchziehen. Auf einem ihrer Spaziergänge jedoch entdeckt die Frau ein Nudistencamp – und damit das Versprechen auf nie gekannte Freiheit.
Seinen zweiten Spielfilm nach Parabellum hat der österreichische Regisseur Lukas Valenta Rinner im Rahmen des Jeonju Digital Cinema Project realisiert.
Großer Diagonale Preis: bester Spielfilm + bestes Sounddesign
Visionär Film Festival Berlin: Publikumspreis
Toronto Film Festival: Spezialpreis der Jury
Der wundersame Katzenfisch
MX 2013 | 89 min | OmU | R u B: Claudia Sainte-Luce
In manche Familien wird man hinein geboren, andere wählen wir im Laufe unseres Lebens selber. Andere Familien wiederum nehmen uns auf, wenn wir es überhaupt nicht erwarten. In eine dieser Familien entführt uns das wunderbar warmherzige Spielfilmdebüt der mexikanischen Regisseurin Claudia Sainte-Luce.
Wegen einer Blinddarmentzündung trifft die 22-jährige Claudia in der Notaufnahme auf Martha, die im Bett neben ihr liegt. Als Martha Claudia nach ihrer OP einsam nach Hause gehen sieht, lädt sie die junge Frau in ihr Heim ein, das von vier Kinder und einer unendliche Lebenslust geprägt ist. Claudia willigt ein, vielleicht ahnend, dass diese Entscheidung ihr Leben verändern wird.
Ohne großes Aufheben wird Claudia Teil von Marthas eigenwilliger, turbulenter Familie, in der sie erstmals Zusammenhalt, Spaß und gemeinsame Mahlzeiten erlebt. Doch Marthas Krankheit stellt ihre Kinder immer wieder vor Herausforderungen, denen sie mehr oder weniger gewachsen sind. Und so sieht sich Claudia erstmals vor die Aufgabe gestellt, Verantwortung für Menschen zu übernehmen, denen sie sich nah fühlt.
Locarno Filmfestival 2013: Bester Film „Cinéaste du Présent" | Toronto Filmfestival 2013: Preis der Internationalen Filmkritik | Mar del Plata Filmfestival 2013: Bester lateinamerikanischer Film | Gijón Filmfestival 2013: Bester Film
Sie träumen von Disneyland, aber Max und Leo müssen sich an die sieben Regeln halten, die ihre Mutter ihnen nach der Ankunft in den USA auferlegt hat. Während sich die Mexikanerin auf Jobsuche begibt, bleiben die Buben allein zuhause in der spärlich eingerichteten Wohnung und lassen ihrer Fantasie freien Lauf. Basierend auf Kindheitserinnerungen hat Samuel Kishi Leopo einen stimmungsstarken und aufrüttelnden Film voller Hoffnung gestaltet.
„Aus der Perspektive der sowohl verunsicherten als auch neugierigen Kinder erzählt der mexikanische Regisseur Samuel Kishi Leopo, inspiriert von seiner eigenen Kindheit, von den prekären Verhältnissen unter den Einwanderern der Arbeiterklasse, ohne sich am Drama zu weiden, sondern mit vielen leichtfüßigen und optimistisch gestimmten Momenten.“ (NZZ)
Havanna Film Festival – Signis Award, Berlinale – Friedensfilmpreis und Grad Prix du Jury International Generation Kplus, Burgas Film Festival – Winner Best Film und viele weitere Filmpreise
1861 in St. Petersburg geboren, begreift die junge Lou früh, dass sie als Ehefrau und Geliebte in der von Männern bestimmten Welt keine Chance hat, als Ebenbürtige zu bestehen. Der körperlichen Liebe erteilt sie fortan eine entschiedene Absage, um als gleichwertig und selbstbestimmt akzeptiert zu werden.
Auf ihrem Weg begegnet sie als wissenshungrige Studentin in Rom den Philosophen Paul Rée und Friedrich Nietzsche, die von dieser klugen und uneinnehmbaren Frau so fasziniert sind, dass sie ihr beide einen Heiratsantrag machen – ohne Erfolg. Doch als der junge, damals noch unbekannte Rainer Maria Rilke auf der Bildfläche erscheint und die erfolgreiche Schriftstellerin mit Gedichten umwirbt, verliebt sie sich und lässt sich zum ersten Mal auf eine Affäre ein... Im Alter von 50 Jahren lernt sie schließlich Sigmund Freud kennen und entdeckt die Psychoanalyse für sich, beeinflusst ihrerseits aber auch den berühmten Analytiker in seinen Theorien.
1933, als sich die dunklen Wolken des Nationalsozialismus über Deutschland zusammenziehen, lebt Lou Andreas-Salomé in Göttingen. Zusammen mit dem jungen Germanisten Ernst Pfeiffer lässt sie ihr bewegtes Leben Revue passieren: Ihren Kampf um die Freiheit, ihre Errungenschaften in Philosophie, Literatur und Psychoanalyse und die späte Entdeckung der Liebe.
Isabelle Reed ist eine berühmte Kriegsfotografin. Zwei Jahre nach ihrem tödlichen Verkehrsunfall soll ihr Schaffen in einer großen Ausstellung gewürdigt werden. In einem Zeitungsartikel will ein befreundeter Kollege nicht nur über ihre Fotos schreiben, sondern zudem über die Hintergründe des tragischen Unfalls. Für den Witwer keine leichte Sache, schließlich hat er seinem Sohn Conrad die ganze Wahrheit bislang aus Rücksicht verschwiegen. Der labile Teenager ist bis heute traumatisiert durch den plötzlichen Tod seiner Mutter. Der 15-Jährige kapselt sich ab, flüchtet in die Welt von Computerspielen und gibt sich gegenüber dem Vater ausgesprochen störrisch.
Besser versteht sich Conrad mit seinem älteren Bruder Jonah, einem jungen Professor und frischgebackenen Vater. Mit der jungen Mama in der Ferne bleibt Jonah per Skype in Kontakt – was ihn nicht davon abhält, bei einer Ex dem erotischen Knistern der guten alten Zeiten zu frönen. Wenig später wird Jonah entdecken, dass die Mama es mit der Treue auch nicht so genau nahm. Während Conrad erstmals einem Mädchen in einem Brief seine Gefühle offenbart und sehnsüchtig auf eine Reaktion wartet, beginnt der Vater eine heimliche Liaison mit dessen Lehrerin. So ticken immer mehr Zeitbömbchen und verkürzen die Halbwertzeit der Familiengeheimnisse rapide.
Der Film wurde im Wettbewerb von Cannes 2015 gezeigt und erhielt Preise beim Norwegischen Filmfestival und beim Filmfestival Stockholm.
Die schöne junge Witwe Lady Susan Vernon sucht Zuflucht auf dem Landsitz ihrer Schwägerin, um dort die schillernden Gerüchte auszusitzen, die über ihre Affären die Runde machen. Sie beschließt, die Auszeit zu nutzen, um nicht nur für sich einen Ehemann zu sichern, sondern gleich auch einen für ihre attraktive, aber schüchtere Tochter Frederica, die ihr zunehmend lästig ist. Denn Lady Susan möchte mehr Zeit für ihre engste Vertraute Alicia Johnson und vor allem für sich selbst. Ihre Versuche sind erfolgreich und bald interessieren sich der junge, hübsche Reginald DeCourcy, der reiche und alberne Sir James Martin und der gutaussehende, aber leider verheiratete Lord Manwaring für die Damen, was die Sache doch etwas kompliziert macht…
Diese Geschichte einer Witwe, die gleich nach zwei reichen Ehemännern sucht, einen für sich und einen für ihre Tochter, basiert auf dem Roman „Lady Susan“ von Jane Austen.
„Die geistreichste und witzigste Jane Austen-Adaption, die je auf der Leinwand zu sehen war.“ (The Times)
„Eine der amüsantesten Gesellschaftskomödien seit den Tagen von Ernst Lubitsch.“ (The Skinny)
Lou (Kristen Stewart) fristet ein eintöniges Dasein in einer Kleinstadt in New Mexiko. Bis die aufstrebende Bodybuilderin Jackie (Katy O’Brian) auftaucht – selbstsicher, ambitioniert und verdammt sexy. Hals über Kopf verlieben sich die beiden ineinander und träumen vom gemeinsamen Ausbruch. Doch sie haben die Rechnung ohne Lous zwielichtigen Vater (Ed Harris) gemacht, der über Leichen geht, um seinen Willen zu bekommen. (Filmladen)
„(...) eine oft verblüffende filmische Explosion, nach der man erst gar nicht sagen kann, was das eben war.“ (film-rezensionen.de)
„Ein starker Romantik-Thriller mit einer mal wieder grandiosen Kristen Stewart.“ (filmstarts.de)
„Du schwitzt, bisschen eklig, aber auch okay.“ Mit diesem Satz der Köchin Lara im Fahrstuhl eines Luxushotels beginnt die große Liebesgeschichte zwischen ihr und dem schüchternen Clemens. Clemens ist höflich und gerade mit seiner Ausbildung zum Masseur fertig. Lara gestaltet ihren Alltag in der Hotelküche nach eigenen Regeln. Sie massiert Steaks und will Spaß. Er massiert Speckröllchen und liebt Ruhe. Bei ihren verrückten Aktionen macht er nicht mit. Doch dann knallt es heftig zwischen diesem ungleichen Paar, sie verlieben sich mit Haut und Haaren, wild entschlossen, einen Platz im Leben des anderen zu finden. Auch wenn das heißt, den Gegensatz zu reizen, um ihn weich zu kneten – bis die Sache aus dem Ruder zu laufen droht und beide eine Entscheidung treffen müssen...
Ehrlich, rotzig, lustig, groß und wild: Ein Film über zwei Außenseiter, die ihren Platz in einer auf Profit getrimmten Leistungsgesellschaft suchen und ihn statt dessen in der Liebe finden.
„Einer der aufregendsten Filme 2013.“ (Tip/Berlin)
Förderpreise Neues Deutsches Kino 2013 in allen vier Kategorien: Regie, Produktion, Drehbuch, Schauspiel
Filmfestival Saarbrücken 2014: Max Ophüls-Preis
Slamdance Festival 2014: Trailer Competition Grand Prize
Filmfestival Rotterdam 2014: Lions Award L’Esprit du Temps
Nominiert für den Deutschen Filmpreis 2014 (Bester Film)
Mit ihrem gemeinsamen Regie-Debüt ist Iliana Estañol und Johanna Lietha ein glaubwürdiges Abbild der heutigen Jugend gelungen. In lose miteinander verwobenen Episoden erzählen die Regisseurinnen von sechs Jugendlichen, die sich im digitalen Zeitalter damit herumplagen, ihre eigene Identität zu entdecken oder dieser freien Lauf zu lassen. Es sind Liebes- und Beziehungsgeschichten, Geschichten vom Suchen und Finden, vom Verlieren, von Ängsten, Wünschen und Sehnsüchten, von einer Zeit des Ausprobierens und dem einen oder anderen Irrweg.
Ben schlägt sich mit dem Klauen von Motorrädern durch, als er die selbstbewusste Luka kennenlernt, die zwar gern mit ihm zusammen ist, aber keine Beziehung will. Lukas Freundin Momo chattet mit Alex, die beiden werden virtuell intim. Sie sehnt sich nach einem realen Treffen, und fürchtet es zugleich, denn Alex sitzt im Rollstuhl. Dessen Stiefbruder Jakob ist verliebt in Anna. Sie haben wenig Hemmungen, ihre Sexualität im Netz zu teilen. Anna ist der Idee gegenüber, damit Geld zu verdienen, immer aufgeschlossener.
Großer Respekt gebührt den weitgehend unerfahrenen Darsteller*innen, die dem Publikum ihre Welt mit großer Offenheit und viel Mut zeigen. Sie bringen eine Frische und Authentizität in diesen Film, der rundherum überzeugt und hochsensible Themen mit viel Energie auf die Leinwand bringt. (leokino.at)
„Ein einfühlsam erzähltes und die meiste Zeit über angenehm authentisch aufbereitetes Portrait einer jungen Generation, die nach außen hin frech und wild ist, innerlich aber auch mit eigenen Dämonen zu kämpfen hat.“ (uncut.at)
Bestes Drehbuch, Max-Ophüls-Preis 2020
In Kooperation mit aha-Jugendinfo und Jugendservice Bregenz
Boris und Zhenya stecken mitten in der Scheidung. An das gemeinsame Apartment sind sie bloß noch durch Verkaufsinteressenten gebunden. Beide planen schon ihre nahe Zukunft: Boris gemeinsam mit seiner schwangeren Freundin und Zhenya mit einem Mann, der kurz davor ist, um ihre Hand anzuhalten. Boris und Zhenyas gemeinsamer Sohn Alyosha wird in dem Rosenkrieg fast vergessen. Bis zu dem Tag, an dem er verschwindet…
Andrey Zvyagintsev hat sich im Laufe der Jahre als einer der einflussreichsten russischen Filmemacher abseits des staatlichen Systems etabliert. Gleich mit seinem Debüt The Return (2003) gewann er den Goldenen Löwen in Venedig, und Leviathan(2014) bleibt eines der unvergesslichsten Melodramen der letzten Jahre. Auf ähnlich abgründigen Pfaden wandelt Zvyagintsev nun auch mit Loveless, in dem der Regisseur aus einer Alltagssituation ganz organisch nach und nach etwas Universelleres entstehen lässt, das zugleich als Allegorie auf das Gegenwartsrussland verstanden werden kann.
„Regiestar Andrey Zvyagintsev landet mit Lovelessden nächsten Volltreffer – ein kühles, aber herzzerreißendes Drama.“ (filmstarts.de)
Cannes 2017: Preis der Jury + International Cinephile Society Award
Los Angeles Film Critics Society Awards: Bester nicht-englischsprachiger Film
Europäischer Filmpreis 2017: Beste Kamera, Beste Filmmusik
Russian Guild of Film Critics: Bester Film, Beste Regie, Beste Kamera