Filmforum Archiv
Die anonymen Romantiker
FR, BE 2010 | 80 min | OmU | R: Jean-Pierre Améris
Zartbitter, samtigsüß, raffiniert aromatisch - in der Herstellung verführerischer Schokoladenkreationen ist Angélique (Isabelle Carré) äußerst erfinderisch. Doch sie fällt in Ohnmacht, wenn sie jemanden ansprechen muss. Jean-René (Benoît Poelvoorde) führt eine Schokoladenmanufaktur, aber im Umgang mit Menschen gerät er in Panik. Während Angélique ihrer übergroßen Empfindsamkeit in einer Selbsthilfegruppe zu Leibe rückt, versucht Jean-René seine Hemmungen mittels Einzeltherapie zu überwinden.
Als Angélique in Jean-Renés Manufaktur aufgrund einer Verwechslung die neue Stelle als Vertriebskraft antritt, sind die Hürden, die sie überwinden muss, enorm. Doch verglichen mit Jean-Renés Angst vor den eigenen Gefühlen ist ihre Lage fast ein Kinderspiel. Denn die unerwartete Zuneigung zu seiner neuen Mitarbeiterin ist eine außerordentliche Herausforderung, der Jean-René mit unorthodoxen Mitteln begegnet.
Rachel ist 40 Jahre alt und hat keine Kinder. Sie liebt ihr Leben: ihre Schüler in der Schule, ihre Freunde, ihre Ex-Freunde, ihren Gitarrenunterricht. Als sie sich in Ali verliebt, bindet sie sich an Leila, seine vierjährige Tochter. Sie deckt sie zu, kümmert sich um sie und liebt sie wie ihr eigenes Kind. Aber die Kinder anderer Leute zu
lieben, ist ein Risiko, das man eingehen muss … (Lunafilm)
„Ein Film der kleinen, ganz genauen Beobachtungen, die einen ganz unmittelbar ins Herz treffen …“ (filmstarts.de)
„Von einer famosen Virginie Efira getragenes, leidenschaftliches Gefühlskino von Rebecca Zlotowksi, das vielschichtig und intensiv die Befindlichkeit ihrer Protagonistin auslotet.“ (film-netz.com)
Nur für Personal
FR 2011 | 106 Min | OmU | Regie: Philippe Le Guay
Im Paris der 1960er Jahre führt das nicht mehr ganz junge Ehepaar Jean-Louis (Philippe Le Guay) und Suzanne Joubert (Sandrine Kiberlain) ein langweiliges Leben in einem schicken, viel zu großen Mietshaus. Die Kinder besuchen das Internat, der Alltag der Eheleute ist eintönig. Da entdeckt Jean-Louis, dass es in der sechsten Etage des Hauses, in dem die sechs spanischen Dienstmädchen untergebracht sind, viel lebhafter und bunter zugeht. Von dieser für ihn neuen Welt fasziniert, verbringt Jean-Louis immer mehr Zeit in der sechsten Etage und verguckt sich in die attraktive Concepción (Carmen Maura). Als ihn seine eifersüchtige Ehefrau vor die Tür setzt, kommt ihm das gar nicht so ungelegen und er zieht in eine kleine Kammer zu den Dienstmädchen.
Der neueste Streich aus Frankreich ist Philippe Le Guays Werk: Nur für Personal. Und dieses sprüht geradezu vor schön-schräger Atmosphäre, wie wir sie vom französischen Kino kennen und lieben. (www.kulthit.de)
Olfas Töchtererzählt die außergewöhnliche Geschichte von Olfa und ihren vier Töchtern – eine so unglaubliche Geschichte, dass sie uns wie Fiktion vorkommt.
Das Leben von Olfa, einer Tunesierin und Mutter von vier Töchtern, schwankt zwischen Licht und Schatten. Eines Tages verschwinden ihre beiden ältesten Töchter. Um ihre Abwesenheit im Film zu überbrücken, engagiert Kaouther Ben Hania professionelle Schauspielerinnen und stellt ein außergewöhnliches filmisches Dispositiv auf die Beine, das den Schleier über der Geschichte von Olfa und ihren Töchtern lüften soll. Eine intime Reise voller Hoffnung, Rebellion, Gewalt und Schwesternschaft.
„Der außergewöhnliche Dokumentarfilm, der seine Weltpremiere im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes gefeiert hat, handelt von der tunesischen Mutter Olfa Hamrouni und ihren vier Töchtern, von denen zwei moderne, emanzipierte junge Frauen geworden sind, die anderen zwei sich aber der Terrorgruppe `Islamischer Staat´ (IS) angeschlossen haben.“ (filmstarts.de)
Filmfestival Cannes 2023: Bester Dokumentarfilm (L’Œil d’or
Filmfestival München 2023: Bester Internationaler Film
Europäischer Filmpreis 2023: Nominierung bester Dokumentarfilm
und viele weitere Preise bei internationalen Filmfestivals
Maman und ich
FR 2013 | 85 min | OmU | R: Guillaume Gallienne
"Jungs und Guillaume, zu Tisch!“ Schon als kleine Kinder wurden Guillaume und seine beiden Brüder von ihren Eltern nicht gleichwertig behandelt. Guillaume, der sich weder für Sport noch für andere sogenannte "Jungssachen" interessiert, schlüpfte in die Rolle der Tochter, die sich seine Mutter immer wünschte – er wird von ihr entsprechend erzogen und von vornherein als schwul abgestempelt. Als heranwachsender Mann jedoch, der nicht weiß, wer und was er eigentlich ist und sein will, begibt sich Guillaume auf eine sexuelle und persönliche Identitätssuche. Er reist quer durch Europa und probiert viele der Möglichkeiten aus, die ihm das Leben dabei so anbietet. Irgendwann kommt aber der Tag, an dem er durch ein besonderes Zusammentreffen endlich von allen Zweifeln erlöst wird.
Autobiografische Erzählung von Guillaume Gallienne, voller Witz und Selbstironie.
April 1974. Zwei Journalisten vom Schweizer Radio sollen aus Portugal über Schweizer Entwicklungshilfeprojekte berichten. Bob, ein kurz vor der Pernsionierung stehender Tontechniker, begleitet sie mit seinem unverwüstlichen VW-Bus. Aber nichts läuft nach Plan: Die Gelder für die Entwicklungshilfe sind versickert. Vor diesem Hintergrund kommt es zur Zerreißprobe zwischen der Feministin
Julie und dem durchtriebenen Kriegsreporter Cauvin. Pelé, der junge portugiesische Dolmetscher, bemüht sich redlich, aber vergeblich:
Das kleine Team gibt sich geschlagen.
Aber der Wind der Geschichte treibt den VW-Bus mitten in die Nelkenrevolution. Cauvin wird zum Volkshelden, obwohl er kein Wort Portugiesisch spricht, Julie zur Pasionaria, nur nicht ganz so befreit, wie sie dachte, und Pelé zum motivierten Revolutionär, allerdings mit Nelkenallergie. Bob wiederum will sich in jener
schönen Nacht im April '74 keinesfalls die sexuelle Freiheit, von der die gesamte europäische Jugend seit Mai '68 schwärmt, entgehen
lassen.
Nach einem Schuhkauf wird Marguerite (Sabine Azéma) mitten in Paris die Handtasche entrissen. Ihre Brieftasche findet der Pensionär Georges (André Dussollier). Er beginnt sofort, sich für diese Frau um die 50 zu interessieren, die einen Pilotenschein hat und in einem Pariser Vorort lebt, wo sie mit einer Kollegin (Emmanuelle Devos) eine Zahnarztpraxis leitet. In seiner Phantasie versucht er sich vorzustellen, wie sie lebt, wer sie ist, und er überlegt, um sie kennen zu lernen, ihr die Brieftasche persönlich zu bringen. Schließlich gibt er sie aber doch bei der Polizei ab und hinterlässt dort seine Telefonnummer. Marguerite bedankt sich telefonisch, legt aber keinen Wert auf ein persönliches Treffen, was Georges nur um so mehr dazu bringt, sich ein Bild von ihr zu machen und sich in ihr Leben zu drängen.
Die Schüler der Madame Anne
FR 2014 | 105 min | OmU | R: Marie-Castille Mention-...
Das Gymnasium Léon Blum steht im Pariser Vorort-Bezirk Créteil und damit in einem Bereich, der von den Außenstehenden als problematisch angesehen wird. Die Gemeinde gilt als sozialer Brennpunkt, in dem deren Bewohner vornehmlich ihre persönlichen und kulturellen Differenzen untereinander in Konflikten eskalieren lassen. In diesem Ambiente soll die Geschichtslehrerin Anne Gueguen sich um eine Gruppe von Teenagern kümmern, die durch scheinbar unüberbrückbare Differenzen gespalten ist und sich teilweise längst aufgegeben hat. Madame Anne muss ihre schwierigen Schützlingen also zum einen im Zaum halten, ihnen Respekt und Disziplin vermitteln, aber auch ihr Selbstvertrauen stärken, sowie ein offenes Ohr für ihre Probleme haben.
Die ambitionierte Lehrerin will aber noch mehr als das erreichen: Sie will ihren Schülern zeigen, dass sie keinesfalls der hoffnungslose Haufen ohne Zukunft sind, wie so gerne behauptet wird. Deswegen meldet sie sie bei einem angesehenen, landesweiten Wettbewerb an, der von dem Thema „Kinder und Erwachsene im System der nationalsozialistischen Konzentrationslager“ handelt. (kino.de)
Die Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten, die der Zwölft-klässler Ahmed Dramé der Regisseurin als Drehbuchentwurf schickte.
Wie in vielen Besatzungszonen wurden auch in Vorarlberg ausländische Soldaten 1945 zu Vätern, darunter marokkanische Soldaten der französischen Armee Sie haben vielleicht 200 bis 300 Kinder zurückgelassen. Im Gegensatz zu anderen Nachkriegskindern hatten sie eine zu dunkle Haut oder zu lockige Haare um nicht aufzufallen. In einer von der Nazi-Propaganda geprägten, ländlichen und sehr katholischen Gegend genügte das, um gesellschaftlich diskriminiert zu werden. Ein lediges Kind zur Welt zu bringen, vor allem das Kind eines Marokkaners, brachte den Müttern Verachtung ein, so sehr, dass viele bis zum Lebensende nicht mehr von diesem Sommer 1945 reden wollten.
„Der Film des Marokkaners Jawad Rhalib ist auch ein Plädoyer für Menschlichkeit und gegen Vorverurteilung, Schweigen und Stigmatisierung.” (Text: TaSKino)
Der Glanz der Unsichtbaren
FR 2018 | 102 min | OmU | R: Louis-Julien Petit
Die meisten der Besucherinnen des L‘Envol, des Tageszentrums für wohnungslose Frauen, nennen sich nach prominenten Vorbildern. Doch das L‘Envol, einziger Ankerpunkt ihres prekären Alltags, steht vor der Schließung - nicht effektiv genug, hat die Stadtverwaltung beschieden. Drei Monate bleiben den Sozialarbeiterinnen Manu, Audrey, Hélène und Angélique, um ihren Schützlingen wieder auf die Beine zu helfen. Und die ziehen kräftig mit. Nachdem die Stadt auch noch ein Zeltlager am Sportplatz räumen lässt, wird das L‘Envol zur heimlichen Unterkunft, in der Betreuerinnen und Betreute mit ungeahntem Schwung ganz eigene Wege und Methoden zur Reintegration entwickeln. Tricks, Schwindeleien, alte und neue Freunde: Von jetzt an sind alle Mittel erlaubt ...
Eine Ode an die Freundschaft und die Solidarität. Der Film erzählt
von Frauen, die in äußerst prekären Umständen leben, und er tut
das voller Humor und Zärtlichkeit, ohne zu beschönigen oder in Elendsvoyeurismus zu verfallen. Ein hinreißender Film voller Mut, Menschlichkeit und Solidarität.
Internationales Filmfestival Toulouse 2018, Amphore du peuple
Eigentlich hat die 70-jährige Shauna (Fanny Ardant), eine unabhängige Frau, mit ihrem Liebesleben abgeschlossen. Doch das Wiedersehen mit Pierre (Melvil Poupaud), jenem 45-jährigen Mann, dem sie vor Jahren begegnete, bringt sie durcheinander. Wider Erwarten sieht Pierre nicht nur eine ältere Dame in ihr, sondern eine Frau, die begehrenswert ist und in die er sich Hals über Kopf verliebt. Wäre er nur nicht Ehemann und Vater. (Kinozeit)
Mit viel Feingefühl und Aufrichtigkeit erzählt Regisseurin Carine Tardieu die Geschichte einer außergewöhnlichen Liebe. Sie macht dabei sichtbar, worum es in der Liebe wirklich geht: Um den Mut, vermeintliche Hindernisse zu überwinden. Niemand könnte die Rolle der bezaubernden, fragilen und doch so starken Shauna besser verkörpern als die französische Leinwandgröße Fanny Ardant. An ihrer Seite glänzt Melvil Poupaud als Pierre. (cineimages)
Frankreich Anfang der 1980er Jahre: Aufbruchstimmung macht sich breit – auch in der Musik. In einer verschlafenen Kleinstadt betreibt die Clique um den charismatischen Jerôme und seinen introvertierten Bruder Philippe auf einem Dachboden einen Piratensender. Als Marianne aus Paris in den Ort zurückzieht, ist es um die Brüder geschehen, und beide verlieben sich Hals über Kopf in sie. Mit seiner einnehmenden Art kann Jerôme Marianne schnell für sich gewinnen, während Philippe sich nicht traut, seine Liebe zu zeigen. Er wird zum Militärdienst eingezogen und nach West-Berlin versetzt. Dort verändert die Begegnung mit dem schillernden Radiomoderator Dany sein Leben, er kann als DJ beim Militärradio beeindrucken und traut sich, Marianne per Radio seine Liebe zu gestehen. Doch als Philippe nach Hause fährt, muss er feststellen, dass sich alles verändert hat, und er gerät in einen großen Gewissenskonflikt.
„Vincent Maël Cardona erzählt in seinem Debüt (…) die Geschichte einer Jugend Anfang der Achtziger Jahre in Frankreich und gibt ein pulsierendes Stimmungsbild der Zeit – mit einem perfekt passenden Soundtrack.“ (ndr.de)
Cannes Film Festival 2021, Winner SACD Prize
César Awards 2022, Bester Erstlingsfilm