Filmforum Archiv
Polizist Stéphane hat sich der Einheit für Verbrechensbekämpfung im Pariser Vorort Monfermeil angeschlossen. Das ist jener Ort, an dem Victor Hugo 1862 seinen Roman Les Misérables spielen ließ. Stéphanes Kollegen Chris und Gwada, beide erfahrene Mitglieder der Einheit, haben jedoch ihre eigene Methode gefunden, mit den rivalisierenden Clans in dem Problemviertel umzugehen. Weil auf den Straßen andere Gesetze gelten, überschreiten sie regelmäßig selbst die Grenzen des Legalen und sehen sich dennoch im Recht. Die Wütenden spielt im Jahr 2018, ist aber inspiriert von den Unruhen in den Banlieus von 2005, als wochenlang bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten. Regisseur Ladj Ly hat sich schon 2007 in einem Dokumentarfilm mit den Problemen des Viertels beschäftigt, aus dem er selbst stammt. (nach: filmstarts.de)
„Die Qualität von Die Wütenden liegt gerade im Umstand, dass seine Protagonisten nicht polarisieren, sondern allesamt Teil der Gewaltspirale sind. Das gibt dem Film zweifellos eine nihilistische Grundtendenz, die jedoch zugleich eine tiefe Bemühung um sozialen Realismus erkennen lässt. Der Film gesteht seinen Protagonisten mehrere Seiten zu, aus denen sich ein komplexes Bild der französischen Gegenwart formiert.” (Deutsche Film- und Medienbewertung)
Cannes 2019, Jury Preis und weitere 12 internationale Filmpreise. Nominiert für den Auslandsoscar.
Der Schnee am Kilimandscharo
Fr 2011 | 107 min | OmU | Regie: Robert Guédiguian
Michel lebt zufrieden mit seiner Frau Marie-Claire in Marseille. Die beiden sind seit 30 Jahren ein glückliches Paar und sie lieben sich und ihr Leben: Die Kinder und Enkelkinder wohnen in der Nähe, sie schätzen ihre engen Freunde und sind stolz auf ihr politisches Engagement in der Gewerkschaft. Selbst als Michel einige der Hafenarbeiter entlassen muss und sich aus Solidarität selbst kündigt, trübt das seine Existenz nicht durchgreifend.
Diese elementare Zufriedenheit wird aber jäh zerrüttet, als zwei maskierte und bewaffnete Männer Michel und Marie-Claire beim Nachtessen bei Freunden überfallen, fesseln und ihre Ersparnisse stehlen. Der Schock sitzt tief und die Wut steigt, als Michel erfährt, dass der Überfall von einem jungen ehemaligen Arbeitskameraden organisiert wurde, der ebenfalls die Stelle verlor.
Michel und Marie-Claire begreifen jedoch später, dass ihr Angreifer Christophe aus einer Zwangslage heraus gehandelt hat. Er lebt alleine mit seinen zwei jüngeren Brüdern, die er gewissenhaft umsorgt und für deren Zukunft er aufkommen muss ...
"Großartiges Kino für Jedermann."(ARTE)
"Ein wunderbarer, warmherziger, witziger Film."(cinefacts.de)
Un certain regard, Filmfestspiele Cannes
In wildpoetischen Schwarz-Weiß-Bildern erzählt Jacques Audiard einen modernen Liebesreigen in Zeiten von Dating-Apps und Sex im Internet. Der Film basiert auf zwei Graphic Novels des Cartoonisten Adrian Tomine.
Drei Frauen, ein Mann. Ihre Lebenswege kreuzen sich im 13. Arrondissement in Paris. Der attraktive Camille zieht bei Émilie als Mitbewohner ein, wird ohne Umschweife ihr Liebhaber und zieht ebenso schnell wieder aus. Er lernt die kühle Nora kennen, deren Hoffnungen auf einen akademischen Neuanfang sich zerschlagen haben. Nach einer wilden Disconacht wollen Kommilitonen in ihr den Pornostar Amber Sweet wiedererkennen. Nora muss diese Amber nun unbedingt persönlich kennenlernen. (filmladen)
„Les Olympiades ist ein feinfühlig inszeniertes, intimes und erotisches Drama (…). In wunderschönen Schwarzweißaufnahmen erzählt der französische Regisseur eine moderne Geschichte, die von einem brillant harmonierenden multikulturellen Cast getragen wird.“ (outnow)
Filmfestival Hamburg 2021, Art Cinema Award – Bester Film
Filmfestival Sevilla 2021, Beste Schauspielerin: Lucie Zhang
Filmfestival Cannes 2021, Sound Track Award
Wenn Chauffeur Guillaume Favre etwas nicht brauchen kann, dann so eine nervige Kundin wie Anne Walberg. Guillaume hat schon genug Ärger am Hals – er kämpft nach seiner Scheidung um das Besuchsrecht für seine Tochter Léa, und sein Chef Arsène droht ihm mit dem Rausschmiss. Für Guillaume ist die kalte Anne ein Rätsel – und die Jobs, zu denen er sie fährt, sind ebenfalls sehr merkwürdig. Als ehemalige Star-Parfumeurin hält sie sich als Geruchsberaterin über Wasser, nachdem sie zeitweise ihren Geruchssinn verloren hatte. Als Anne einen Rückfall erleidet, verändert sie Guillaumes Leben…
„Nach diesem Film fühlt man sich ein bisschen glücklicher.“
(filmrezensionen.de)
„Parfum des Lebens ist sicherlich nicht spektakulär, aber dafür feinfühlig und mit verhaltenem Humor erzählte Dramödie mit zwei ganz hervorragenden Hauptdarstellern.“ (filmstarts.de)
In der Wahlnacht 1981 wird auf den Straßen von Paris gefeiert. Es herrscht Aufbruchstimmung, eine Atmosphäre der Hoffnung auf Wandel. Aber auch für Elisabeth steht ein Wandel bevor. Ihre Ehe ist kaputt, und sie muss nun alleine für sich und ihre beiden Kinder im Teenageralter sorgen. Sie findet Arbeit bei einer Late-Night-Radiosendung und trifft auf die heimatlose Talulah, die sie zu sich nach Hause einlädt. Hier erfährt das junge Mädchen zum ersten Mal die Wärme einer Familie. Und obwohl sie eines Tages plötzlich verschwindet, hat ihr freier Geist einen bleibenden Einfluss auf die Familie: Elisabeth und ihre Kinder gewinnen den Mut, ihr Leben neu zu erfinden.
„Eine nostalgische Selbsterfindungssaga, bevölkert von Figuren, deren Verletzlichkeit und Güte der Regisseur auf eine Weise würdigt, dass es in unserer meist von desillusionierten Antihelden begeisterten Filmwelt hervorsticht. Bei der Frage, wie unsere Gesellschaft funktioniert, vermag uns dieser intime und faszinierende Film eine Idee davon zu geben, warum Liebe wichtig ist.” (Berlinale)
„Betörendes, magisches Kino“ (Falter)
Filmfestival Valladolid 2022: Bestes Drehbuch
Es sind die kleinen Dinge
FR2023 | 89 min | OmU | R: Mélanie Auffret
Mit ihren Verpflichtungen als Lehrerin und Bürgermeisterin einer 400-Seelen-Gemeinde im Herzen der Bretagne ist Alice voll ausgelastet. Als ausgerechnet der eigenwillige Émile beschließt, mit 65 Jahren noch lesen und schreiben zu lernen, und sich in Alices Klasse setzt, ist sie mehr als gefordert. Doch es kommt noch schlimmer: Mit einem Mal steht ihre Schule vor der Schließung und Alice sieht das gesamte Dorfleben bedroht. Jetzt ist guter Rat teuer. Doch schnell wird klar, was sich alles bewegen lässt, wenn Alice und die Dorfbewohner gemeinsam an einem Strang ziehen – und ein paar überaus pfiffige Einfälle haben …
Herausragend besetzt mit dem legendären Michel Blanc und der einnehmenden Julia Piaton erzählt der Film einfühlsam und mit liebevollem Blick von einem kleinen Dorf in der Bretagne, das sich mit viel Elan zur Wehr setzt, um nicht von der Bürokratie überrollt zu werden. Es sind tatsächlich die kleinen Dinge, die das beherzte Plädoyer für Gemeinschaft und Solidarität so hinreißend machen – ein filmisches Kleinod, das Funken sprüht! (lunafilm)
„Zärtlich und bewegend“ (Elle)
Sex, Drugs und Rock’n’Roll: Das Leben an der Angel ist eine Komödie über das Abenteuer eines Mannes, der sich vom Leben mehr wünscht, als nur zu Angeln. Der Film erzählt die Geschichte des Witwers Émile, der sich nach dem Tod seines besten Freundes Edmond von seinem bisherigen Leben verabschiedet und zu einer Reise aufbricht. Entlang der Ufer der Loire begegnet er nicht nur seiner Vergangenheit, sondern entdeckt sein Leben neu: die Lust auf Begegnungen, auf Berührungen und auch auf die Liebe.
Regisseur Pascal Rabaté hat mit Das Leben an der Angel seinen eigenen Comicroman (in Frankreich ausgezeichnet mit dem „Prix de la critique") verfilmt. Herausgekommen ist dabei eine wunderbar einfühlsame und berührende Komödie über einen Mann, der sein Leben neu erfindet als er merkt, dass die Gegenwart für ihn nicht mehr existiert.
Die Köchin und der Präsident
FR 2012 | 95 min | OmU | Regie: Christian Vincent
Die Köchin Hortense Laboire aus der französischen Provinz staunt nicht schlecht: Der Elysée-Palast fragt an, ob sie als Leibköchin des französischen Präsidenten für dessen persönliche Speisekarte zuständig sein möchte. Eine Herausforderung, die Hortense nur zu gerne annimmt. Dank ihrer forschen und unkonventionellen Art schafft sie es schon bald, sich in der eingeschworenen Männerdomäne des Palastes zu behaupten. Ihre authentische und bodenständige Küche verzückt das französische Staatsoberhaupt und versetzt ihn zurück in längst vergessene Kindertage. Immer öfter schleicht sich der Präsident auch nachts in ihre Küche, um über erlesene Rotweine und feinste Trüffel zu sinnieren. Doch die Gunst des Präsidenten bringt Hortense manche Neider ein und ihr unorthodoxer Stil passt sich Etikette und Bürokratie nur schwer an. Bald muss sie sich entscheiden, ob sie weiter für den wichtigsten Mann im Staat kochen möchte.
In einer kleinen Stadt auf der Kola-Halbinsel im nordwestlichen Russland kämpft ein Mann als arktischer Hiob zwischen ausgebleichten Walgerippen gegen seinen von einer korrupten Verwaltung und Justiz beschlossenen Untergang.
Kolia lebt zusammen mit seiner zweiten Frau Lylia und Roma, seinem Sohn aus erster Ehe, an der Barentssee im Norden von Russland. Er besitzt dort ein schönes Fleckchen Erde, das in den Zwanzigerjahren sein Großvater erwarb und das seither in Familienbesitz ist. Doch jetzt hat der korrupte Bürgermeister ein Auge auf Kolias Land geworfen. Er möchte am liebsten das Haus und die Autowerkstatt abreißen und die Fläche für ein großes Projekt nutzen. Doch Kolia will nicht ...
Vor den eisgrauen Wellen der Barentssee entwirft Regisseur Zvyagintsev ein meisterlich verdichtetes Epos, das Politparabel, Melodram und schwarze Satire in einem ist. Behördenwillkür, Alkohol, Waffen, die neue Macht der Popen und smarte Advokaten aus Moskau mit eigener Agenda – sie unterfüttern die russische Gesellschaft auch hier noch, am Rande der Zivilisation.
Golden Globes 2015, Bester fremdsprachiger Film
Filmfestspiele Cannes 2014, Bestes Drehbuch
Wien 1777. Die früh erblindete 18jährige Maria Theresia „Resi“ von Paradis ist als Klavier-Wunderkind in der Wiener Gesellschaft bekannt. Nach zahllosen medizinischen Fehlbehandlungen wird sie von ihren ehrgeizigen Eltern dem wegen seiner neuartigen Methoden umstrittenen Arzt Franz Anton Mesmer anvertraut. Langsam beginnt Resi in dem offenen Haus der Mesmers, zwischen Rokoko und Aufklärung, im Kreise wundersamer Patienten und dem Stubenmädchen Agnes, das erste Mal in ihrem Leben Freiheit zu spüren. Als Resi in Folge der Behandlung erste Bilder wahrzunehmen beginnt, bemerkt sie mit Schrecken, dass ihre musikalische Virtuosität verloren geht.
Mit ihrem Spielfilm Lichterzählt Barbara Albert eine Parabel über die Macht der Musik zur Zeit Mozarts in Wien. Aufwändig inszeniert und mit großem Einfühlungsvermögen beschreibt das Historiendrama die Suche nach der eigenen Identität zwischen Lichtblicken und Schattenseiten, zwischen Schein und Sein, zwischen Sehen und Gesehen werden. Die schicksalhafte Geschichte basiert auf dem Spiegel-Bestseller „Am Anfang war die Nacht Musik“ von Alissa Walser, der KritikerInnen und LeserInnen gleichermaßen begeisterte.
„... ein authentisch und stimmungsvoll in Szene gesetztes Periodendrama, das mit wunderschönen Kulissen, Kostümen und Make-Up überzeugt.“ uncut.at
Mit der turbulent-ungewöhnlichen Romanze Licorice Pizza widmet Paul Thomas Anderson sich diesmal dem Erwachsen werden, der Liebe und dem Lebensgefühl der Siebziger. Im kalifornischen San Fernando Valley des Jahres 1973 entwickelt sich zwischen Mittzwanzigerin Alana Kane und Teenager Gary Valentine eine ungewöhnliche Freundschaft. Doch inmitten des alltäglichen Trubels aus Gelegenheitsjobs und Schauspielkarriere, Freunden und Politik, Vinyl und Super 8 entstehen mit der Zeit auch intensivere Gefühle...
Paul Thomas Anderson erzählt nicht nur von einer außergewöhnlichen Liebe und der so aufwühlenden wie verwirrenden Zeit des Erwachsenwerdens, sondern nimmt das Publikum auch mit auf eine stimmungsvolle Reise zurück in die Siebziger – und in ein Leben zwischen Schlaghosen und Ölpreiskrise, New Hollywood und Motown.
„Eine inspirierte Pop-Liebes-Comedy – derart ideenreich gefertigt, dass man sich ihrem komischen Reiz nicht entziehen kann.“ (Profil)
Der Film wurde mit 51 nationalen und internationalen Filmpreisen ausgezeichnet.
In Kooperation mit aha - Jugendinfo Vorarlberg und dem Jugendservice der Stadt Bregenz
Eine Handvoll ganz normaler Menschen in Wien, auf der Suche nach Liebe, Erlösung, Glück, vielleicht. Es gibt diese Vorstellung vom Erwachsensein, die man nur als Kind hat: Erwachsene denken logisch, haben einen Plan, navigieren die gefährlichen Tiefen und Untiefen des Lebens mithilfe vernünftiger Entscheidungen, und vor allem: Sie kennen sich aus. Welch ein Irrtum. Das weiß jeder, der über 20 Jahre alt ist.
Da ist also der verheiratete Familienvater, der sich nach seiner völlig überraschenden Kündigung in die maßlos aufregende Geliebte seines Freundes verschaut.
Da ist seine Frau, eine Ärztin, die sich fragt, warum es bei ihr nie klappt und schon einmal anfängt, die Sachen ihres zukünftigen Exmannes in Kisten zu packen.
Da ist ihr Patient, der 14-Jährige, der nach einer dummen Aktion in ein Auto gelaufen ist und seither im künstlichen Koma liegt.
Da ist der alte Witwer, der einmal eine Berühmtheit war und inzwischen einsam und zunehmend vergesslich in seiner Wohnung sitzt. Er kauft Stützstrümpfe, hätte aber lieber eine Pistole. Oder zumindest ein sehr scharfes Rasiermesser. (film.at)